Rückbau/Freilegung des Kopfsteinpflasters auf Straßen

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Stadtbezirk: 
Stuttgart (gesamt)
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Thema: 
Stadtplanung, Städtebau
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Wirkung: 
Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis:

37
weniger gut: -65
gut: 37
Meine Stimme: keine
Platz: 
1605
in: 
2011

Das Erfahren von Architektur als attraktiven Lebensraum beginnt mit dem Boden auf dem man geht. Ob ich auf Laminat gehe oder auf Vollholzdielen, ob ich auf Teppich gehe oder auf Steinfliesen - jedes Material erzeugt eine spezifische Empfindung.

So ist es auch beim Erleben und Begehen eines öffentlichen Raumes. Alle attraktiven Plätze und Orte, an denen der Menschen sich gerne aufhält, bilden eine Einheit von Boden und Architektur. Sie können es im Urlaub selber mal nachprüfen.

Leider ist dieses Verständnis heute weitgehend verloren gegangen. Das "Praktische" und das Konventionelle dominieren. Nur wenige - auch nicht die Profis - machen sich über den Zusammenhang von Wohlgefühl und Bodenbelag Gedanken.

So wurden im Laufe der letzten 50 Jahre die meisten Oberflächen in der Stadt mit Teer verschlossen. Das ist ein rießiger Qualitätsverlust. Mein Vorschlag zum Bürgerhaushalt heißt deshalb:

Rückbau der Straßenoberflächen in den alten Wohngebieten (zum Beispiel Ostheim) und in der Innenstadt: Entfernung der Teerschicht und Freilegung (ggf.) Wiederherstellung des Kopfsteinpflasters auf der Straße und - wo vorhanden - der Natursteinplatten auf den Gehsteigen.

Fast überall befindet sich direkt unter der 5 Zentimeter dicken Teerschicht noch das alte Pflaster. Es wäre vermutlich kein großer Aufwand, diese Schicht - zum Beispiel im Zuge einer Baumaßnahme, die sowieso in der Straße durchgeführt werden muss - zu entfernen. Das Ergebnis würde überwältigend sein: Die heterogene lebendige Bodenstruktur erschafft ein völlig anderes Erlebnis des öffentlichen Raumes. Selbst wenn viel alte Bausubstanz zerstört ist, so schafft ein Steinpflaster ein harmonisches Erlebnis einer Straße oder eines Platzes. Der Boden als elementarstes Raumerlebnis ist das wichtigste Element städtischer Planung. Hier entsteht die unmittelbarste Wirkung eines Ortes, der dann ergänzt wird durch dir Architektur. Der Gehweg älterer Städte ist meist nicht mit Kopfsteinplaster besetzt, obwohl auch hier das Argument der Verletzungsgefahr nur ein Scheinargument ist. Der Gehweg ist idealerweise mit großen Natursteinplatten belegt. (Aber bitte keine Kunststein - oder Betonplatten; es wirkt scheußlich.)

Neben dem Aspekt des Schönheitserlebnisses sprechen zwei weitere gewichtige Argumente für dieses Projekt.
Erstens verlangsamt ein Autofahrer unwillkürlich die Geschwindigkeit beim befahren von Pflaster. Durch das hohe Fahrgeräusch im Inneren wirkt Pflaster auf die Lust an Geschwindigkeit hemmend. 30er Schilder würden automatisch überflüssig (ein weiterer optischer Vorteil).
Die Versiegelung des Bodens wird aufgehoben. Durch die Ritzen zwischen den Steinen kann - auch wenn langsam Wasser direkt in die Straße versickern. Das entlastet das gesamte Abwassersystem, auch bei Gewittern.

Es wäre wünschenswert, das Kopfsteinpflaster wieder als typische Straßenoberfläche einzusetzen. Die dadurch erzielte Wirkung unserer Stadt wäre überwältigend.

Gemeinderat prüft: 
nein

Kommentare

4 Kommentare lesen

Das Fahrgeräusch dürfte netto für die Anwohner dadurch aber auch eher steigen.

Ich denke nicht, dass eine Mehrheit diese nostalgische Rückbesinnung gutieren wird, da steht doch möglichst guter Verkehrsfluss im Vordergrund, und es gibt andere Methoden, Verkehr zu verlangsamen, wo nötig.

Aus ästhetischen Gründen liebe ich Kopfsteinpflaster; als Fahrradfahrer eher nicht. Da ich es für vordringlich halte, die Straße wieder den Radlern zurückzugeben, muss ich Ihren Vorschlag daher ablehnen.

Bitte auch an gehbehinderte oder gebrechliche Menschen denken - für solche Menschen ist Kopfsteinpflaster unzumutbar.
Auch mit Kinderwagen oder Rollkoffer ist Kopfsteinpflaster kein Vergnügen.

Der Missstand der freudlosen Bodenbeläge ist m.E. richtig erkannt, allein der Lösungsvorschlag scheint mir an der Realität und den Bedürfnissen der Menschen vorbeizugehen. Ich werde den Vorschlag daher in dieser Form ablehnen, würde aber empfehlen, darüber nachzudenken, was man statt des Kopfsteinpflasters noch tun könnte. Das alte Restpflaster ließe sich übrigens jederzeit entfernen und dort wieder - sichtbar- einbauen, wo weder regelmäßig gefahren noch gegangen wird (z.B. Randeinfassungen an Gebäuden etc.) Dass Natursteinpflaster mit seiner lebendigen Struktur viel eindrücklicher wirkt als die Imitate aus Beton sehe ich genauso.