Erzieher*innen und Eltern entlasten

|
Stuttgart (gesamt)
|
  • Kinder, Jugend, Familie
  • Kitas
|
Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis:

928
weniger gut: -149
gut: 928
Meine Stimme: keine
Platz: 
46

Erzieher*innen entlasten statt weiter belasten: keine Anhebung des Betreuungsschlüssels

Wir sind entschieden gegen das Vorhaben der Stadt Stuttgart, dem Erzieher*innenmangel mit einer Anhebung des Betreuungsschlüssels (von 10 Kindern auf 12 Kinder pro Erzieher*in) zu entgegnen.

Uns ist bewusst, dass viele Kinder keinen Betreuungsplatz haben. Die Überlastung der Erzieher*innen ist jedoch bereits so hoch, dass viele ihren Beruf nicht mehr in vollem Umfang/bzw. nicht ausüben können. Die Anhebung des Betreuungsschlüssels wird die Situation weiter verschlimmern. So wird der Beruf für angehende Erzieher*innen noch unattraktiver und vor allem werden dadurch noch mehr Erzieher*innen in andere Berufe abwandern. Der Beruf der Erzieher*in muss attraktiv bleiben, nur so können langfristig auch mehr Kinder qualitativ gut betreut werden.

Die Erzieher*innen sollten sich wieder auf ihre pädagogische Kernarbeit konzentrieren können und nicht wie aktuell immer mehr durch Nebentätigkeiten belastet werden.

Daher benötigen unsere Kitas stattdessen zur Entlastung der Erzieher*innen zusätzliches Geld für hauswirtschaftliche Tätigkeiten, für externes Facility Management, für Verwaltungsaufgaben, sowie Geld für digitale Lösungen für die Personalverwaltung und das Ehrenamt.

Beispielsweise wird bei der Essenszubereitung immer Hilfe benötigt. Auch fallen im Alltag einer Kita ständig Reparaturen an, die besser von einer/m Hausmeister*in fachgerecht erledigt werden. Des Weiteren sind Ehrenamtspauschalen zusätzlich ein weiterer Anreiz, um Unterstützung aus der direkten Nachbarschaft von Kitas (z.B. als Vorlesepaten) zu erhalten.

Stellungnahmen Verwaltung und Bezirksbeiräte
Stellungnahme der Verwaltung: 

Aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels und dessen Folgen, unter anderem auch auf die Kita-Platzversorgung in Stuttgart, hat die Verwaltung im Zusammenwirken mit verschiedenen Kita-Trägervertretern in einer Arbeitsgruppe Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssituation erörtert. Eine mögliche Maßnahme ist die am 10.12.2022 neu eingeführte Regelung in § 1a Absatz 3 der baden-württembergischen Kindertagesstättenverordnung, die es erlaubt, in Ausnahmefällen die geltende Höchstgruppenstärke gemäß Betriebserlaubnis um bis zu zwei Kinder pro Gruppe zu überschreiten. Die Ausnahmeregelung ist aktuell befristet bis 31.08.2023.

Eine Überbelegung ist freiwillig und nur möglich, wenn in der Einrichtung alle Stellen besetzt sind. Bislang wurde diese Möglichkeit nur in wenigen Einzelfällen in Betracht gezogen. Wenn überbelegt wird, erhalten die Träger ein Ausgleichsbudget in Höhe von 5.500 Euro für jedes aufgenommene Kind, um damit entlastende Maßnahmen zu finanzieren. In städtischen Kitas werden die entlastenden Maßnahmen in der Regel durch zusätzlich einzusetzende nicht-pädagogische Mitarbeitende erbracht. Damit diese sozialversicherungs- und steuerrechtlich korrekt eingesetzt werden können, sind reguläre Arbeitsverträge, gegebenenfalls auch auf der Basis geringfügiger Beschäftigung, abzuschließen. Unabhängig von der Überbelegungsregelung wird bereits jetzt entlastendes Personal, wie zum Beispiel Hauswirtschaftskräfte, in den Tageseinrichtungen für Kinder eingesetzt. Hausmeisterdienste können ebenfalls beauftragt werden. In Stuttgart gibt es zudem eine höhere Leitungsfreistellung als gesetzlich vorgeschrieben, was dazu beiträgt, ausreichend Zeit für Management- und Verwaltungsaufgaben in Anspruch nehmen zu können. In besonderen Einzelfällen kommen Interimsmanager*innen zum Einsatz, die ebenfalls Ihren Beitrag zur Entlastung leisten.

Erfreulicherweise gibt es bereits eine Vielzahl an ehrenamtlichen Helfer*innen, die unentgeltlich als Vorlesepaten in den Tageseinrichtungen für Kinder einen sehr geschätzten Beitrag zur Betreuung der Kinder leisten. Das bürgerschaftliche Engagement ist ungebrochen hoch.

Generell ist zu sagen, dass die Personalausstattung der Kitas in Baden-Württemberg im Bundesvergleich hervorragend ist, da hier der beste Fachkraft-Kind-Schlüssel gilt. In Stuttgart ist dieser durch die oben erwähnte höhere Leitungsfreistellung faktisch noch besser.

In Zukunft wird aber in Anbetracht der Situation auf dem Arbeitsmarkt und der demografischen Entwicklung bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach Betreuungsplätzen eine Diskussion über Gruppengrößen und/oder Betreuungsstandards unvermeidlich sein.

Kommentare

14 Kommentare lesen

Den Beruf attraktiv machen und transparent machen, wie wertvoll ihre Arbeit ist. Mehr Gehalt und eine Eingruppierungsstufe höher :) auch in anderen Berufen

Finde ich auch sehr wichtig!!!

Beruf attraktiv machen, bessere Konditionen für Wohnen und Leben, viele ziehen ausserhalb der Stadt weg, denn die Mieten sind unbezahlbar. Ich finde diesen Beitrag sehr wichtig!

Sehr gut, und sehr wichtiger Beitrag!

Wegen der schlechten Arbeitsbedingungen ( Erhöhung des Betreuungsschlüssels) werden noch mehr Fachkräfte kündigen und der Personalmangel wird sich noch verstärken . Dagegen müssen wir dringend etwas tun .
Sehr wichtiger Beitrag , vielen Dank .

Unsere Kinder sollen gut betreut werden von Erzieherinnen, die sich auf ihre Arbeit konzentrieren können und Kraft für ihre Arbeit haben!

es wird wirklich zeit die Wertschätzung des Erzieher:innenberufs zu steigern und dafür müssen die Arbeitsbedingungen und das Gehalt stimmen!!

Vorschlag finden wir auch sehr gut.

Zur Zeit habe ich nichts mit diesem Bereich zu tun:
Ein anderer Betreuungsschlüssel wäre nur möglich, wenn alle Eltern ihre Kinder erziehen würden.

Wie können sie dann gleichzeitig Erziherinnen und Eltern entlasten. Mutter mussen arbeiten gehen (vollzeit) und das können sie nur wann die Kinder betreut sind. Und Erziherinnen (und Lehrerinnen) sollen auch vollzeit arbeiten. Es gibt kein Work-Life -Balance ohne Geld.

Die Erhöhung der Gruppengröße ist beschlossen. Aus Sicht vieler Eltern ist dieser Schritt auch richtig, um mehr Kindern den Zugang zu frühkindlicher Bildung zu ermöglichen. Ich stimme zu, dass das zu Lasten des pädagogischen Personals geht und damit mittel- und langfristig auch die Qualität der Bildung reduziert und den Fachkräftemangel verschärfen wird. Deshalb ist es wichtig Kompensationsmaßnahmen zu beschließen und die Erhöhung der Gruppengrößen zu befristen (momentan ist sie nur bis Ende des Kitajahres beschlossen, aber vermutlich kann die Verlängerung als gegeben angenommen werden).
Es muss mehr Geld in unsere Kitas fließen, nicht nur zur Entlastung des pädagogischen Personals in fachfremden Fachgebieten (Küche, Verwaltung etc.) sondern unbedingt auch in Investitionskosten. Das Kitas über Monate/Jahre keine funktionierenden sanitären Einrichtungen haben oder jahrelang auf einen effektiven Sonnenschutz oder ein vernünftiges Garten-Spielgerät warten müssen sind sowohl für Fachkräfte als auch für Eltern unhaltbare Zustände und spiegeln leider nur allzu deutlich den Stellenwert der frühkindlichen Bildung bei den Verantwortlichen (Verwaltung und Politik) wider.

Was viele nicht wissen ist, dass ErieherInnen auch in den Ganztagsgrundschulen arbeiten, und dass dort der Betreuungsschlüssel bei ca. 1:23 liegt, jedoch die pädagogischen Fachkräfte in derselben Eingruppierung sind, als wenn sie in der Kita arbeiten würden mit zwei Fachkräften pro Gruppe...

Guter Vorschlag, am Besten so wie Herr Palmer in Tübingen

Sehr wichtiger Vorschlag, aus meiner Erfahrung mit einem kleinen Kind in einer Ganztageseinrichtung kann ich nur das Gefühl teilen, dass die Einrichtung aktuell schon vollständig am Anschlag der Personaldecke ist aufgrund hoher Fluktuation, hohem Krankenstand, hohem Anteil von Quereinsteigern. Eine weitere Anhebung des Betreuungsschlüssels wird dieses System zum Zusammenbruch bringen. Die Kinderbetreuung ist jetzt schon ein unzuverlässiges Element für Familien.