Preispolitik des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) auf den Prüfstand stellen!

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Stadtbezirk: 
Stuttgart (gesamt)
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Thema: 
Tarife, Tickets
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Wirkung: 
Ausgabe

Für unsere Stadt ist der Vorschlag:

Ergebnis (nur gut):

807
weniger gut: -56
gut: 807
Meine Stimme: keine
Platz: 
35
in: 
2017

Es ist eine seit Jahren zu beobachtende "Tradition", dass das Beschlussgremium des VVS im Herbst über Preiserhöhungen befindet. Nicht "ob", sondern lediglich "wie hoch" ist die Frage.

Gleichzeitig hat man in den vergangenen Jahren begonnen, zum Beispiel durch geförderte Firmentickets oder monatlich abgebuchte Abos ein paar mutige Neuerungen einzuführen - weiter so!

Die Stadt Wien hat vor einigen Jahren einen sehr mutigen Schritt getan: sie hat ein Jahresticket zum Preis von 1€ pro Tag eingeführt (man muss das ausgeschrieben sehen: ganz Wien für 365€ im Jahr!).

Auch wenn die Stadt Stuttgart nicht den gesamten VVS repräsentiert, könnte sie:
- eine mutigere Debatte innerhalb des VVS über weitere attraktive Angebote initiieren
- eine bestimmte Summe per Budget bereitstellen, um solche Angebote auch finanziell zu unterstützen

Denken könnte man an allerhand Vielnutzer; etwa an Kinder (knapp 40 €/Monat für den Weg zur Schule!), Angestellte auf dem täglichen Weg zur Arbeit, Umsteigewillige (Schnupperabos wie bei der Bahn für zum Beispiel 3 oder 6 Monate) etc - der Fantasie sind und den Ideen der Fachleute sind keine Grenzen gesetzt!

Mit ein paar wirkungsvollen, pfiffigen Maßnahmen finanzieren sich solche Angebote sicher nicht vollständig von selbst, aber ein erhöhtes Fahrgastaufkommen wird den Mut belohnen und einen Teil der Ausgaben kompensieren.

Umsetzung und Prüfung
Ergebnis Haushaltsberatungen: 
Die Einführung eines 365-Euro-Jahres-Ticket für die Zonen 10 und 20 wurde von einer Gemeinderatsfraktion beantragt, jedoch vom Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt.
Gemeinderat hat abgelehnt

Stellungnahme der Verwaltung: 

Die regelmäßigen Tarifanpassungen werden vorgenommen, weil die Kosten der Verkehrsbedienung regelmäßig steigen. Dazu gehören vor allem die Personalkosten, aber auch die Baukosten und Beschaffungskosten für neue Fahrzeuge und den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur. Die Tarifanpassungen dienen auch der Teilfinanzierung der Erweiterung des Fahrplanangebotes. Unabhängig davon wurden die Tariferhöhungen immer auch von tariflichen und vertrieblichen Verbesserungen begleitet. Tariflich wurden z. B. ein preisgünstiges, verbundweit gültiges SeniorenTicket eingeführt sowie Anreize für Arbeitgeber gesetzt, ihren Mitarbeitern einen Fahrtkostenzuschuss zum FirmenTicket zu geben, wobei dann der VVS den Rabatt verdoppelt (10 % anstelle 5 % FirmenTicket-Rabatt). Die letzte größere Maßnahme erfolgte im September 2016 mit der Einführung des attraktiven Ausbildungs-Abos. Egal wie weit der Weg zur Ausbildung ist, Azubis können pauschal für nur 59 Euro im Monat Bus und Bahn nutzen. Dass der VVS mit seiner Preis- und Angebotspolitik nicht ganz falsch liegen kann, zeigen die Fahrgastzahlen, die seit vielen Jahren kontinuierlich nach oben gehen. In den letzten Jahren konnten regelmäßig zwischen 2 und 3 Prozent mehr Fahrten im ÖPNV verzeichnet werden. Der Zuschussbedarf in Wien liegt deutlich über dem Zuschussbedarf für den ÖPNV in der Landeshauptstadt Stuttgart.

Im Übrigen bewegt sich der VVS im Vergleich der zehn größten deutschen Städte und Verkehrsverbünde (Stuttgart ist die sechstgrößte Stadt in Deutschland und der VVS der sechsgrößte Verkehrsverbund) bei der Preisgestaltung im Mittelfeld. Angesichts des gut ausgebauten ÖPNV-Angebots, das auch erhebliche Kosten verursacht (z. B. Tunnel, Steigungsstrecken), der überdurchschnittlich hohen Kaufkraft in der Region Stuttgart sowie vor dem Hintergrund eines nach wie vor hohen Zuschussbedarfs der öffentlichen Hand ist dieses Preisniveau angemessen. Fahrpreissenkungen können in gewissem Umfang zu einer Nachfragebelebung führen, erzeugen aber immer Mindererlösen, deren Finanzierung über den Haushalt der Landeshauptstadt nicht sichergestellt werden kann. Im VVS werden Fahrgelderlöse von über 500 Millionen Euro pro Jahr erzeugt. Eine Halbierung der Fahrpreise würde jährliche Mindereinnahmen von deutlich über 200 Millionen Euro verursachen. Die Erfahrungen mit dem FeinstaubTicket in der Feinstaubsaison 2016/2017 belegen, dass eine deutliche Preisreduktion bei EinzelTickets zwar zu spürbaren Zuwächsen der Fahrgastzahlen führen können, dass diese aber bei Weitem nicht ausreichen, um die Mindererlöse aus der Tarifabsenkung auszugleichen. Bereits heute werden nur ca. 60 % der Kosten des ÖPNV aus Fahrgelderlösen erwirtschaftet. Der verbleibende Rest ist steuerfinanziert.

Neben der Übernahme des Defizits der Stuttgarter Straßenbahnen über die städtische Holding SVV wendet die Landeshauptstadt Stuttgart erhebliche Mittel zur zielgerichteten Subventionierung der VVS-Fahrpreise auf:
·        Scool-Abo: jährliche Zuschussleistungen für Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro
·        SozialTicket: jährliche Zuschussleistungen für Bonuscard-Inhaber in Höhe von rund 5 Millionen Euro
·        FirmenTicket: jährliche Zuschussleistungen für städtische Mitarbeiter in Höhe von rund 4 Millionen Euro

Diese Maßnahmen haben zu einer Mehrnutzung des ÖPNV mit all seinen positiven Effekten für die Umwelt geführt, sind aber mit entsprechenden Belastungen des städtischen Haushaltes verbunden. Aktuell gibt es Überlegungen im Gemeinderat, die Stuttgarter Tarifzonen 10 und 20 zu einer einzigen Tarifzone zu „verschmelzen“ (siehe Vorschlag Nr. 40098). Die Umsetzung einer solchen Maßnahme würde den Finanzierungsbedarf weiter erhöhen. Darüber hinaus gehende Fahrpreisermäßigungen sind aus fiskalischen Gründen nicht darstellbar.

Kommentare

5 Kommentare lesen

Ich könnte mir ein Winter-Abo (November bis März) zu besonderen Konditionen vorstellen.

hört sich gut an

Klasse! Kenne selber das Ticket in Wien und frage mich seit Jahren warum das in Stuttgart nicht möglich sein soll.

Seit sehr vielen Jahren wird in Stuttgart versucht, die Bürger von der Nutzung des ÖPNV abzuhalten, indem man die Fahrpreise jährlich um ein Vielfaches der allgemeinen Kostenentwicklung erhöht.

Super Idee!