Stuttgart hat eine besondere Verantwortung, sich kritisch mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Straßen und Plätze, die nach kontroversen Persönlichkeiten wie Claus Graf von Stauffenberg, Hans Martin Schleyer oder Erwin Rommel benannt sind, repräsentieren eine problematische NS Erinnerungskultur. Sie glorifizieren vermeintliche „Helden“, die jedoch Teil des NS-Systems waren. Die Zeit ist reif, diese symbolischen Räume neu zu definieren – nicht für Täterfiguren, sondern für die Opfer des Nationalsozialismus.
Das Paradox Stauffenberg:
Claus Graf von Stauffenberg wird oft als Held des Widerstands gefeiert. Doch diese Darstellung ist problematisch. Stauffenberg war lange Teil des NS-Systems, trug als Offizier der Wehrmacht aktiv zur Kriegsführung und zur Stabilisierung des Regimes bei. Sein Attentat auf Hitler im Juli 1944 war ein symbolischer Akt – jedoch aus einer nationalistischen Motivation heraus, nicht aus einer grundlegenden Ablehnung des Nationalsozialismus. Der Versuch, ihn nach 1945 als moralischen Helden darzustellen, diente der Nachkriegsgesellschaft oft mehr zur eigenen Entlastung als zur kritischen Auseinandersetzung mit seiner Rolle als Täter.
Ähnlich ist es bei Erwin Rommel, dem sogenannten „Wüstenfuchs“, dessen militärischer Ruhm die Verbrechen der Wehrmacht in Nordafrika und Europa lange überdeckte. Es ist eine Form der „Täter-Umkehr“, wenn solche Figuren als Identifikationssymbole verwendet werden, während die Stimmen der Opfer in den Hintergrund treten.
Warum eine Umbenennung notwendig ist:
Die Umbenennung des Stauffenbergplatzes in „Platz für die Opfer des Nationalsozialismus“ ist ein zentraler Schritt, um eine zeitgemäße NS Erinnerungskultur zu fördern. Stuttgart muss sich von der Glorifizierung ambivalenter Persönlichkeiten lösen und stattdessen die Menschen in den Fokus rücken, die durch das NS-Regime entrechtet, verfolgt und ermordet wurden. Ein solcher Schritt ist nicht nur ein Zeichen der Verantwortung.
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